Montag, 8. Dezember 2008

EEG

Es ist schon ein Witz. Wir haben diese krigeligen Linien auf einem weißen Untergrund, und das sind unsere Hirnströme. Erfasst von ein paar auf den Kopf geklebten Elektroden, die durch das Gewirr von Haaren, Haut, Knochen und Gewebe hindurch das messen sollen, was im Inneren unseres Kopfes rumort.
Zu dem wahnwitzigen Versuchsaufbau kommen diverse Unzulänglichkeiten im selbigen, Fehler seitens der Versuchsperson, Ablenkungserscheinungen, die nicht zu Experiment gehören und ein stillschweigend hingenommenes Pi-mal-Daumen was allein das Aufsetzen der Haube betrifft.
Das Hirn wurde als kleiner Meister in uns ausgemacht, wir behandeln es auch so und reden auf diese Art von ihm.
Ich möchte einmal ganz nah bei ihm sein, in seine (durchgestrichen: rosa Wellen) beige Schweinswürste geschmiegt, ich würde eintauchen in die Zuckerwatte seines Gewebes und dann hätte ich sie vor mir, sie schössen durch mich hindurch wie Irrlichter, sie umkreisten mich und flitzten dann weiter ihrer Wege, gingen ihrer unwiderbringlichen Bestimmung nach: Die elektrischen Ströme.
Ich würde sehen, wo sie ihren Anfang nehmen, mit ihnen mitschwimmen wir mit Delphinen, würde ihren Ursprung entdecken, andocken, es wäre eine dunkle Höhle erhellt von Blitzen, es wäre ein ständiges Rauschen und Summen, ein Kommen und Gehen, ein Universum ohne Qualitäten, nur mit Quantitäten, in dem jede Wertigkeit verfällt zu Staub.
Aus Sternenstaub sind wir alle gemacht, und zu Sternenstaub werden wir, die Urteilchen. Und in unseren dunklen Hirnhöhlen schießen die elektrischen Ladungen umher wie fallende Sternschnuppen, es ist ein nach innen gerichtetes Universum, in dem nach Außen hin alles verhallt, je tiefer man vordringt, auf der Suche nach den Kausalitäten, warum hängen die Sterne dort am Firmament warum fallen sie ab und zu und warum lassen sich die Sterne in unserem Kopf von so Manchem verändern und von Manchem nicht.
Gleichgültigkeit zeichnet sie aus, warum leuchten sie: Sie wissen es nicht, und warum sollten die Dinge, die aus ihnen bestehen, es besser wissen können.

Und noch einmal tolle Worte

Me dijo la tendera ayer: sonrie y limpia las penas
que lo que hay entre los pasos que tu planeas
ahi va una vida entera

Macaco, Giratuto

Tolle Worte von tollen Typen

"Die Fähigkeit, noch im Augenblick der Gefahr über Kleinigkeiten staunen zu können, diese Randbemerkungen des Geistes, die Foßnoten im Buch des Lebens, sind die höchsten Formen des Bewusstseins, und in diesem kindlich spekulierenden, vom Alltagsverstand und seiner Logik ganz verschiedenen Bewusstseinszustand wissen wir, die Welt ist gut."

Nabokov

Wechselstube

... ist ein schönes, ein niedliches Wort!

Der rote Teppich

Ich habe letztens, wohl mit einiger Verspätung, die "Le monde diplomatique" für mich entdeckt. Wunderbarerweise gibt es sie auch im Internet und somit nicht nur als Beilage der taz.
Am besten gefallen hat mir der Artikel "Der rote Teppich" von Juan Villoro. Es geht im weitesten Sinne um die Psychologie des Drogenhandels in Mexiko, im Subtext aber auch um die Mentalität und Lebensweise in einem Land, das von krimineller Brutalität durchzogen ist. Der Text ist kurz, dicht, realitätsnah - und schafft es trotzdem, Anleihen bei Philosophie und Popkultur zu machen, ohne gewollt intellektuell zu wirken.
Eine besondere Stelle zitiere ich mal:
Die Kartelle wenden die Gesetze des Blutes an, wie Kafka sie in der Erzählung "In der Strafkolonie" beschreibt. Das Opfer erfährt nicht, welches Urteil gesprochen wurde: "Es wäre absurd, es ihm mitzuteilen, da es ihm mit der Egge auf den Leib geschrieben wird." Der "Narco" (Drogenhändler) benutzt die Sprache der Grausamkeit, bei der die Wunden die Verurteilung des Opfers nachzeichnen und zugleich eine Drohung gegen die Zeugen sind.
Das ius sanguinis (Blutrecht) der Drogenbosse kommt durch eine kafkaeske Umkehrung des gerichtlichen Verfahrens zustande: Das Urteil steht nicht am Ende, sondern am Anfang eines Prozesses; es kündigt an, dass andere zur Rechenschaft gezogen werden können. "Wenn du kein Blut fließen lässt, kann das Gesetz nicht gedeutet werden", schreibt Lyotard über "In der Strafkolonie". Das ist auch das implizite Motto des organisierten Verbrechens. Dessen Aussage ist eindeutig - während das andere Gesetz, nämlich "unseres", verschwommen bleibt.

Drei Grammophone

Von allen Institutionen befreites, hemmungsloses Assoziieren.

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Sag mal olle (thanks for reading my essay, by theway.....
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